Es klingt erschreckend: Nach Weihnachten stecken über zehn Millionen Deutsche im Dispo. Dieser ist zwar bequem, aber teuer. Wie Sie aus der Dispofalle wieder herauskommen können…
Die Geschenke für Weihnachten waren teilweise ganz schön teuer. Für viele Deutsche zu teuer. Laut einer Umfrage von YouGov im Auftrag von smava.de sind über Weihnachten 10,4 Millionen Deutsche in den Dispo gerutscht. Weitere 7,6 Millionen könnte im Januar den Dispokredit in Anspruch nehmen. Schließlich stehen derzeit wieder typische Rechnungen wie Kfz-Versicherung oder Kfz-Steuern an. Somit würden 18 Millionen Bundesbürger in der Dispofalle stecken. Dabei kennen die meisten nicht einmal ihren Dispozins. Laut Bundesbank beträgt dieser im Schnitt 8,29 Prozent (Stand 01/2019).
Gut sieben Millionen glauben jedenfalls, dass sie ihren Dispo im Januar nicht ausgleichen können. Eine Überraschung ist das nicht, sieht der Dispokredit doch keine geregelte Rückzahlung vor. Zumal manche so tief in der Dispofalle stecken, dass sie selbst mit einem kompletten Monatseinkommen nicht herauskommen. Und selbst wenn, die laufenden Kosten wie Miete und Co. sind auch noch zu zahlen. Dennoch: Stecken Sie im Dispo, versuchen Sie alles, um Ihre Schulden zu begleichen. Denn auf lange Zeit ist der Dispo extrem teuer – und eine böse Schuldenfalle. Die gute Nachricht: Wege aus der Dispofalle finden Sie einige.
Wege aus der Dispofalle: der Ratenkredit
Eine Option: der Ratenkredit. Auf lange Sicht ist dieser deutlich billiger als der Dispokredit. Aktuell kostet der Ratenkredit einen effektiven Zins von gerade mal 3,67 Prozent im Jahr. Also weniger als die Hälfte des Dispos (Schnitt). Tatsächlich liegt die Differenz zwischen Raten- und Dispokredit bei 4,62 Prozent. Bei 1.000 Euro Schulden bezahlen Sie an Zinsen pro Jahr also
- Dispozins á 8,29 %: 82,90 Euro
- Ratenkredit á 3,67 %: 36,70 Euro
Die Differenz beträgt also 46,20 Euro im Jahr. Wobei der Ratenkredit nicht nur einen besseren, sprich günstigeren Zins bietet. Sondern außerdem feste Raten, über welche Sie Monat für Monat der Kredit abstottern. So kommen jeden Monat ein Stück weiter aus den Schulden heraus.
Wege aus der Dispofalle: Girokonto wechseln
Eine zweite Option aus der Dispofalle: Wechseln Sie die Bank bzw. das Girokonto. Denn zwischen den einzelnen Banken herrschen teilweise große Unterschiede. Zum Vergleich: Bei unseren Testsiegern (Stand 01/2019) beträgt der Dispozins:
Alle drei Banken liegen damit deutlich unter dem aktuellen Schnitt von 8,29 %. Mehr noch: Alle drei Girokonten sind für Sie vollkommen kostenlos. comdirect sowie ING verlangen nicht einmal einen monatlichen Mindestgeldeingang. Die DKG erwartet dagegen zwar 750 Euro Eingang pro Monat, zahlt Ihnen dafür aber sogar einen Habenzins von 0,2 %. Wobei 750 Euro für jeden Arbeitnehmer wohl kein Problem sein sollten.
Dass der Dispozins auch über dem Schnitt liegen kann, zeigt hingegen die norisbank. Die Direktbank bietet Ihnen zwar ebenfalls ein kostenloses Girokonto ohne Wenn und Aber – sprich: ohne Mindestgeldeingang -, erhebt aber einen Dispozins von 10,85 %. Entsprechend zahlen Sie bei einen Dispo von durchschnittlich 1.000 Euro im Monat über das Jahr bei der
Die Differenz ist deutlich. Obwohl die norisbank Ihnen sonst ein sehr gutes Girokonto bietet, ist die Bank beim Dispozins leider keine gute Adresse. Wobei der Dispozins sogar noch deutlich teurer sein kann. Die Wirecard Bank verlangt zum Beispiel 18,90 %. Das ist fast das Dreifache wie bei der comdirect. Für Überzieher ist die Bank also weniger geeignet. Die Differenz zwischen comdirect und Wirecard beträgt damit bei 1.000 Euro Dispo über 120 Euro im Jahr.
Wege aus der Dispofalle: Abrufkredit bzw. Rahmenkredit
Andererseits: Sie müssen gar nicht mal die Bank und Ihr Girokonto wechseln. Denn einen weiteren Ausweg aus der Dispofalle finden Sie im sogenannten Abrufkredit. Dieser ist nichts anderes als ein Dispokredit bei einer anderen Bank. Zum Beispiel bei der ING, wo der Abrufkredit zugegeben Rahmenkredit heißt. Oder bei der VW Bank, die den Abrufkredit wiederum Comfort Kredit nennt.
Der Name spielt aber keine Rolle, denn im Fazit ist dieser Kredit nichts anderes als eine externe Kreditlinie. Also quasi ein externer Dispokredit. Beispiel: Zahlen Sie bei Ihrer Bank 10,5 % und nutzen den Abrufkredit bzw. Rahmenkredit der ING mit aktuell nur 5,99 %, sparen Sie 4,51 % Zinsen. Bei einem Dispo von 1.000 Euro monatlich sind das in immerhin 45,10 Euro im Jahr. Durchaus möglich, dass die Differenz in Ihrem individuellen Fall sogar höher ausfällt. Der Clou: Der ING Rahmenkredit reicht von 2.500 bis 25.000 Euro.
Ein Vorteil des Abrufkredits ist zudem dessen Rückzahlung. Diese ist (zumindest bei der ING) in einer einzigen Zahlung, in kleinen Teilzahlungen sowie sogar mit Pausen möglich. Sie sind also recht flexibel in der Rückzahlung. In der Regel schreiben Banken aber sehr wohl kleine monatliche Raten vor.
Zinsen auf den Abrufkredit zahlen Sie natürlich nur, wenn Sie diesen nutzen. Und selbst dann nur auf die tatsächlich genutzte Summe. Ist Ihr Konto im Plus und der Abrufkredit nicht in Gebrauch, zahlen Sie wie bei einem regulären Dispokredit keinen Zins. Weitere Kosten entstehen ebenfalls nicht.
Wege aus der Dispofalle: Dispozins verhandeln
Mitunter müssen Sie aber weder die Bank bzw. das Girokonto wechseln noch den Dispo bei einer anderen Bank (Abrufkredit) beantragen. Denn eventuell können Sie mit Ihrer Hausbank den Dispozins neu aushandeln und so bessere Konditionen erhalten.
Zugegeben: Über den Dispozins zu verhandeln, klingt zuerst einmal wenig erfolgversprechend. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist das Handeln hierzulande nicht die Regel. Entweder Sie akzeptieren die Konditionen oder eben nicht, fertig. Doch genau das ist der Denkfehler. Denn ein Gespräch mit Ihrer Bank kann durchaus fruchten. Nur müssen Sie erst einmal das Gespräch mit Ihrer Bank suchen.
Selbstredend haben Sie hier bei einer klassischen Filialbank bessere Chancen, weil Sie ein Gespräch unter vier Augen führen können. Bei einer Direktbank bleiben Ihnen nur Mail und Telefon. Ebenfalls ein Vorteil: Sie sind bereits länger Kunde bei der Bank. Führen also schon seit einigen Jahren, vielleicht sogar seit Ihrer Jugend, ein Girokonto bei Ihrer Bank. Außerdem haben Sie vielleicht einen Autokredit oder eine Baufinanzierung laufen. Vorteil: Sie können Ihre langjährige Beziehung in die Waagschale werfen. Studien zufolge zeigen übrigens vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken Kulanz bei der Verhandlung des Dispozins. Im Fazit sind jedenfalls je nach (Zins)Lage bis zu fünf Prozentpunkte weniger möglich. So sparen Sie bei einem Dispo von 1.000 Euro bis zu 50 Euro im Jahr.
Wege aus der Dispofalle: Kreditkarte nutzen
Ein weiterer Weg aus der Dispofalle ist eine Kreditkarte. Und zwar eine echte Kreditkarte, welche Ihnen – sinngemäß ihrem Namen – einen Kredit zum Beispiel bis zum Ende des Monats einräumt. Die eigentlichen Rechnungen zahlen Sie anders als beim Zahlen mit der Girocard also erst Tage oder gar Wochen nach dem Einkauf. Nämlich dann, wenn wieder frisches Geld durch Ihr Einkommen auf dem Konto vorhanden ist.
Dank einer Kreditkarte gewinnen Sie also eine Flexibilität von mehreren Wochen. In der Regel haben Sie zwischen Einkauf und Bezahlung bzw. Abbuchung sogar eine Zeitspanne von bis zu 35 Tagen. Je nach Datum des Einkaufs. Die Barclaycard rechnet sogar erst nach 60 Tagen ab. Selbst im schlechtesten Fall beträgt die Zeitspanne sechs oder sieben Tage. Dennoch: Bei einer Zahlung per Girocard belastet die Bank Ihr Girokonto sofort. Prompt sind Sie wieder im Dispo.
Es gibt übrigens einige Kreditkarten, die eigentlich keine sind. Zum Beispiel die Charge-Karte, welche pro Monat oder pro Woche in voller Summe abrechnet. Die Debit-Karte bucht hingegen sofort alle Umsätze von Ihrem Konto ab. Die Prepaid-Kart funktioniert schließlich wie eine Prepaid-Telefonkarte allein bei Guthaben, dass Sie erst aufladen müssen. Dennoch sind selbst solche „Kreditkarten“ besonders im Ausland besser akzeptiert als die hiesige Girocard. Die Logos von Visa sowie MasterCard sind in vielen Staaten lieber gesehen als die von Maestro oder V-Pay.
Wege aus der Dispofalle: sparen & verzichten
Ein letzter Ausweg aus der Dispofalle ist quasi Oldschool sowie Hardcore in einem: sparen. Verzicht auf alle typischen Annehmlichkeiten. Und zwar jene, die Sie in den Dispo getrieben haben. Seien Sie ehrlich. Haben Sie die letzten Wochen lieber auswärts gegessen statt daheim zu kochen? Haben Sie über die Stränge geschlagen und sich die teure Wunschcouch oder den neuesten Flachbild-TV in HD und allen möglichen Extras gegönnt?
Das Heilmittel in dem Fall: beinharter Verzicht. Also verzichten Sie. Verzichten Sie auf zum Beispiel
- Essen gehen,
- Kino & Theater,
- Sauna & Wellness,
- (Marken)Kleidung,
- Auto fahren,
- teure Geschenke,
- Urlaub & Reisen.
Sparpotenzial finden Sie in vielen Bereichen. Greifen Sie die nächste Zeit zu No-Name-Produkten vom Discounter statt teuren Marken. Nutzen Sie das teure Fahrrad, das Sie sich irgendwann gegönnt haben und seither im Keller Rost ansetzt. So sparen Sie Spritgeld. Kaufen Sie Ihrer Liebsten keinen Schmuck oder Parfüm, sondern schenken Sie ihr einen Strauß Blumen vom Discounter oder Zeit zu zweit. Zum Beispiel auf einer Wandertour samt Camping im Harz oder im Schwarzwald statt einem Luxuswochenende auf den Kanaren.
Behalten Sie dabei im Hinterkopf: Die „Sparwochen“ sind nicht für immer. Sondern nur, bis Sie der Dispofalle entkommen und sich wieder ein kleines finanzielles Polster angespart haben. Dann können Sie Ihren Partner auch mal wieder mit einem Candlelightdinner verwöhnen.